Abbildung aus “Grabhügel im Main-Taunus-Kreis“, hrsg. vom Förderkreis Denkmalpflege
e.V. im Main-Taunus-Kreis, 1987, von Michael Sturm
Hügelgräber sind insbesondere in Mittel- und Nordeuropa weit
verbreitet, haben sich aber oft nur in landwirtschaftlich wenig
genutzten Gebieten als hügelige Erhebung erhalten.
Naturgemäß sind das auch in Deutschland vor allem Gebiete,
wo auf Grund von Bewaldung oder geringer Fruchtbarkeit des
Bodens die Landschaft durch menschliche Eingriffe weniger
stark verändert worden ist.
Hügelgräber sind daher in Regionen, die in den letzten Jahrhunderten intensiv besiedelt waren, verbunden mit intensivem
Ackerbau und zunehmender Industrialisierung – wie z.B. im
Rhein-Main-Gebiet – kaum noch zu finden. Oft sind nur noch
Reste von Bestattungen, die sich ursprünglich in Hügelgräbern befanden, vorhanden.
Hügelgrab im Breckenheimer Wald
Archäologen gehen davon aus, dass die meisten
Gräber in der Nähe von Siedlungen angelegt wurden. Möglicherweise legte man Wert darauf,
die Gräber seiner Ahnen in Sichtweite des Dorfes zu haben, vielleicht auch,
um sie leichter regelmäßig besuchen zu können. Bemerkenswert ist, dass sie in der
Mehrzahl auch an alten, traditionell besonders frequentierten
Verkehrswegen lagen.
Im Wald von Memleben in Ostdeutschland hat man erst kürzlich
in der Nähe des Fundorts der 3600 Jahre alten Himmelsscheibe
von Nebra einen der ältesten Grabhügel Deutschlands unter
acht Grabhügeln aus der Jungsteinzeit – etwa 4200 Jahre alt –
ausgegraben.
Es handelt sich hier, wie bei vielen anderen Hügelgräbern, um
das Grab einer in der damaligen Gesellschaft „hochgestellten“
Persönlichkeit. In diesem konkreten Fall war keine Urne mit
Asche, also kein Brandgrab innerhalb eines Hügels zu finden.
Vielmehr stieß man auf eine Grabkammer – 2x2 Meter groß und
einen halben Meter hoch – die damals etwa doppelt so hoch gewesen
sein dürfte. In der mit Sandstein ausgekleideten Kammer
lag ein Skelett – wohl das eines Fürsten der Bronzezeit vor etwa
3000 Jahren – für den das bereits ältere Hügelgrab neu hergerichtet
worden war. Unter den Grabbeigaben befanden sich u.a.
ein wertvolles Bronzemesser und eine Bronzenadel. Um den
Herrscher herum lagen Skelettreste von Mitgliedern seines Hofstaates,
darunter auch die von drei Kindern im Alter von vier, fünf
und zehn Jahren. Am Grabeingang waren die Archäologen zuvor
bereits auf das Skelett des Türwächters gestoßen.
Bislang deutet bei den Gräbern um unseren Heimatort Breckenheim
die häufig Urnen mit Aschen- und Knochenresten sowie
wenige Grabbeigaben enthielten, wenig auf die Existenz von
Fürstengräbern hin. Aber wer weiß, noch wurden nicht alle Gräber
gefunden. Die Entdeckung des Fürstengrabes am Glauberg,
das 1994 bis 1997 ausgegraben wurde, zeigt, dass moderne
Methoden, u.a. Archäologie mit Hilfe von Beobachtungen
aus dem Flugzeug und mit Luftbildern auch heute noch aufsehenerregende
Resultate, wie den Fund eines Fürstenhügels, der
durch jahrhundertelangen Ackerbau völlig verschwunden war,
ermöglichen.
Sicherlich ist nicht jede Person in vorgeschichtlichen Perioden,
wie der Bronzezeit, in den „Genuss“ eines Begräbnisses unter
einem mehr oder weniger eindrucksvollen Erdhügel gekommen
Oft wurde ein solches Hügelgrab über Generationen von einer,
wohl besonders wohlhabenden und einflussreichen, Familie als
Grablege für ihre Toten genutzt. Es gibt aber auch viele Hügel
mit Einzelgräbern. In der jüngeren Steinzeit dominierten zumeist
Körperbestattungen, in der mittleren Bronzezeit und später ging
man dagegen zu Brandbestattungen über. Gräber in der Nähe
des Hofguts Rettershof, die aus der späten Bronzezeit stammen,
waren mit hölzernen oder steinernen Grabkammern ausgestattet.
Üblicherweise hat ein Hügelgrab eine runde Form, die aus vorhandenem
Material aus Erde, Grassoden, Sand oder auch Steinen
errichtet wurde. Allerdings gibt es auch längliche Gräber,
Langhügel genannt. Dabei ist die Größe der Hügel sehr unterschiedlich.
Während Grabhügel in der Bronzezeit durchaus
einen Durchmesser bis zu 20 Meter und eine Höhe von bis zu 2
Meter erreichen konnten, waren Gräber aus der Eisenzeit kaum
höher als 50 Zentimeter. Dabei muss man sich aber im Klaren
sein, dass alle Hügelgräber vor Tausenden von Jahren deutlich
höher als heute gewesen sein dürften. Neben der landwirtschaftlichen
Nutzung dürfte insbesondere die natürliche Erosion, aber
auch – bei Vorhanden-sein von Grabkammern – das Gewicht
der Erd- und Steinmassen, die schließlich die Kammern zum
Einsturz brachten, die Hügel heute deutlich flacher erscheinen
lassen, als sie ursprünglich waren.
Bislang wurde nur ein Bruchteil der Grabhügel ausgegraben.
Im Main-Taunus-Kreis – auf Basis der Kreisgrenzen vor der Gebietsreform
– wurden bislang über 270 Grabhügel entdeckt.
Nördlich Breckenheims befinden sich lediglich 8 bis 10 Grabhügel.
Zusätzlich wurden etwa 100 Hügel gefunden, die aber so
stark eingeebnet waren, dass sie nicht mit Sicherheit als solche
klassifiziert werden können. Insgesamt hat man bisher davon
nur 23 Hügel professionell unter der Leitung von Archäologen
ausgegraben.
Nach dem Stand einer Untersuchung von 1987 – siehe gleiche
Quelle, wie unter Abbildung Seite 1, Verfasser Michael Sturm –
wurden bereits 1830 bei der Erweiterung eines alten Hohlweges,
heute die alte Landstraße von Breckenheim nach Wallau, zwei
vorzeitliche Bestattungen gefunden. Der damalige Nordenstädter
Pfarrer Luja hatte am 14. Juli 1830 in einem Brief an den Direktor des Nassauischen Vereins, Museum Wiesbaden darüber
einen ausführlichen Bericht verfasst.
Beide Toten lagen auf dem Rücken mit dem Kopf nach Osten
und den Füßen nach Westen. Das Skelett eines erwachsenen
Mannes, lässt erkennen, dass er eine tödliche Verletzung an der
Stirn erlitten hatte. Er war mit gekreuzten Unterarmen auf der
Brust beerdigt worden. Am rechten Knie befand sich eine Spirale
aus Bronze, auf der Brust eine mit Zickzacklinie, Gewinden und
Tannenzweigmuster verzierte Nadel mit eingetieftem konischen
Kopf. Außerdem fand man auf der Brust eine polierte Bernsteinperle.
Das zweite Skelett wies eine tödliche Verletzung über dem rechten
Ohr auf. Bei ausgestreckten Armen befand sich an jedem
Handgelenk ein „kleines Metallgewinde“ – wohl ein Spiralarmband.
Des Weiteren fand man eine ebenfalls verzierte Nadel. Von den
Funden aus beiden Gräbern sind nur noch die beiden Nadeln im
Museum Wiesbaden vorhanden.
Nach dem Bericht von Pfarrer Luja waren schon vor 1830 am
Ende des Hohlwegs Schädel entdeckt worden. An dieser Stelle
ist daher ein hügelgräberzeitliches Gräberfeld, vielleicht sogar
eine Grabhügelgruppe zu vermuten, die im Verlauf vieler Jahrhunderte
eingeebnet wurde. In einer Fundstelle im Breckenheimer
Gemeindewald wurden im Walddistrikt „In den Köppel“ vor
einigen Jahrzehnten einige Hügel ausgegraben, aber offenbar
„ohne Erfolg“. Im Rahmen des Baus der Autobahn A3 im Jahr
1937 wurden am Rande von Breckenheim im Übrigen zahlreiche
Scherbenfunde – von Tellern, Schalen und Krügen - gemacht,
die vor allem auf die Zeit des Neolithikum datiert werden
und insbesondere der Bandkeramik-Kultur zugeschrieben wurden.
Möglicherweise stammen diese für die Hügelgräberperiode
frühen Funde zumindest zu einem kleinen Teil schon aus Hügelgräbern,
die als solche nicht mehr erkennbar sind.
Die im Anschluß befindliche Zeittafel dient
der besseren Einordnung der Zeitangaben Steinzeit, Jungsteinzeit
/ Neolithikum, Bronzezeit und Eisenzeit. Man kann ihr entnehmen,
dass die Häufigkeit der Bestattung in Hügelgräbern in
der Mittleren Bronzezeit so hoch war, dass man sie auch Hügelgräberbronzezeit
nennt. Sie dauerte etwa vom 20. bis zum 13.
Jahrhundert v. Chr. Aber auch aus der Jungsteinzeit und aus der
Eisenzeit werden noch vereinzelte Hügelgräber gefunden. Aus
den Funden allein auf das Alter eines Grabhügels zu schließen,
kann allerdings auch irreführend sein. Zum Beispiel war der Hügel
im Wald von Memleben offenbar schon vorhanden und wurde
erst über 1000 Jahre später erneut als Bestattungsort eines
bronzezeitlichen Fürsten genutzt….
Abbildung aus “Grabhügel im Main-Taunus-Kreis“, hrsg. vom Förderkreis Denkmalpflege
e.V. im Main-Taunus-Kreis, 1987, von Michael Sturm
Thema Hügelgräber 2013 von H. Schmidlin bearbeitet