16. bis 19. Jahrhundert

Dann aber kam der 30-jährige Krieg. 1638 gab es einen großen Brand, dem das Dorf zum Opfer fiel. Zurückkommende feindliche Truppen verwüsteten alles, setzten das Dorf in Brand und zogen dann weiter. Übrig blieben nur drei Häuser und zwei Scheunen, acht Menschen in drei Familien, dazu sieben Kühe und zwei Ochsen. 152 Menschen waren dem Krieg und der Pest zum Opfer gefallen. Auch das eigenständige Dorf Costloff zwischen Breckenheim und Medenbach wurden dem Erdboden gleichgemacht und nie mehr aufgebaut.

Langsam kam wieder Leben in das Dorf. Die Bauersleute bauten Häuser mit Fundamenten und Kellern. Im Untergeschoss waren Küche und Wohnraum untergebracht, im oberen Stock die Schlafräume. Der Speicher diente zum Lagern der Früchte. Gegenüber vom Haus waren die Ställe und quer dazu die Scheune. Davor kam ein großes Hoftor mit einer kleinen Tür als Eingang - so fühlten sich die Menschen sicher.

Bald siedelten sich auch Handwerksleute an: Zimmerleute, Maurer, Glaser, Leineweber, Küfer, Müller, Bäcker, Schneider und Schuhmacher. Sie alle fanden hier eine neue Heimat und bauten eingeschossige kleinere Häuser. Jung und Alt wohnten zusammen unter einem Dach. Schafe wurden jetzt gezüchtet und Wollhandel wurde betrieben. In den langen Wintermonaten wurden die Fliese zu Wolle gesponnen und bei Petroleumlicht abends in den Spinnstuben zu Laken, Handschuhe, Pulswärmer, Mützen und Pullover gestrickt. Es wurden auch Möbel angefertigt, man schreinerte nun große Betten. Ein großer Strohsack gefüllt mit Haferstroh war die Matratze, Gänsefedern wurden in selbstgewebten Decken und Kissen gefüllt - ein warmes Bett in dem man zu zweit oder dritt schlief. Die vielen Obstbäume, die neu angepflanzt wurden, brachten Einnahmen. Das damalige Zahlungsmittel war der Florin.

Aus Zwetschgen und Birnen wurde Lekweje gekocht und bis nach Mainz, auf dem Kopf tragend oft zu Fuß, verkauft. Korn, Weizen, Hafer und Gerste wurden angebaut.

Wasser musste man am Bach holen. 1750 beschloss das Dorf neun Brunnen bohren zu lassen, auf diese wurden gusseiserne Pumpen gesetzt. Ab dann war an jedem siebten Haus eine Wasserversorgung. Für die Dorfbewohner eine gewaltige Neuheit und eine Erleichterung.

Die Straßen hatten bis dahin noch keine Namen. Das wurde nun anders. Mitten durch das Dorf war die Gerade Straße. Von ihr ab ging die Wassergasse, Kirchgasse, Schulgasse, Borngasse, Ellenbogengasse, Pfarrgasse, Pfanngasse, Löffelgasse und Mönchgasse.

Im Jahr 1794 gab es eine Zählung. Das Dorf hatte 2332 Morgen Land, 545 Einwohner in 181 Familien und 126 Häuser. Dazu kamen laut Chronik 13 Pferde, 128 Milchkühe, 85 Ochsen, 43 Rinder, 148 Schweine und 373 Schafe. Es war die Zeit, in der der Landgraf von Hessen regierte. Bei der Volkszählung 1794 betrug die jüdische Bevölkerung 5% der Bürger. In der Hauptstraße (heute alte Dorf Straße) gab es einen Andachtsraum für sie.

Bereits 1803 bekam das Dorf einen neuen Landesherrn - Herzog Wilhelm von Nassau. Zusehens vergrößerte sich nun Breckenheim. Ein neues Pfarrhaus entstand 1804.

Altes Pfarrhaus


Auch ein zweiter Lehrer wurde eingestellt. Man chaussierte den Weg nach Igstadt, so dass eine Straße entstand. Über den Kappesbach wurde eine Brücke gebaut, wo man bisher durch den Bach ging oder fuhr. In der Mitte des Jahrhunderts wurde im jungen Wald nach Silber und Kobalt geschürft. Die Ergiebigkeit war aber so gering, dass man das Projekt wieder einstellte.

1839 folge Herzog Adolf von Nassau seinem Vater als neuer Landesherr. Dieser führte Krieg gegen Preußen, der Krieg ging verloren und der Herzog musste fliehen. König Wilhelm von Preußen übernahm nun das Land. Er war es, der das Deutsche Reich 1871 gründete. Aus 26 Gauen wurde nun ein Reich.

Seit 1763 gab es im Dorf eine Feuerwehr. Vor der Kirche auf dem Schulplatz stand das Spritzenhaus. Dort hatte die Feuerwehrspritze ihren festen Platz. Es war Pflicht, dass aus jedem Haus ein Mann Dienst tat. Sobald die Glocken vom Kirchturm Sturm läuteten, musste derjenige mit einem Eimer erscheinen. Aus dem Bach wurde das Wasser entnommen, in einer langen Menschenkette Eimer für Eimer in die Feuerwehrspritze gefüllt und mit Handbetrieb in die Schläuche gepumpt. Später baute man eine Schleuse in den Bach, die man herunter ließ damit das Wasser gestaut wurde. Das Spritzenhaus wurde 1876 weggerissen, nachdem man ein Neues an der Nordseite der Kirche gebaut hatte. Dieses wird noch heute von der Feuerwehr als Gerätehaus genutzt.

Altes Spritzenhaus
Altes Spritzenhaus

Altes Spritzenhaus


Vor der Kirche wurde auch die Gemeindewaage erbaut. Kartoffeln, Getreide, Vieh, alles was zum Verkauf bestimmt war, wurde dort gewogen. Auf dem Schulplatz links standen zwei kleine Arbeiterhäuser. Sie wurden später von der Gemeinde erworben und der Küster und der Waagemeister bewohnten sie. 1967 wurden sie beim Abriss der alten Schule mit abgerissen.

Zu Ehren von Kaiser Wilhelm pflanzte man auf dem Schulplatz eine Kaiserlinde. Hier sammelten sich jeden Tag die Gänse des Dorfes. Sie gingen zum nahen Bach, badeten dort und blieben auf dem Schulplatz bis sie abends wieder alleine zu ihrem jeweiligen Stall zurück gingen. Es gab viele Gänse im Dorf. Ihre Federn wurden für Decken und Kissen verwendet oder zum Verkauf. Zu Weihnachten wurden sie dann geschlachtet und verkauft.

Am 18. April 1849 wurde der heutige Friedhof seiner Bestimmung übergeben. Jakob Koch wurde als erster hier beigesetzt. Bis 1819 war der Friedhof um die Kirche herum. Die Toten wurden damals bis zur Beerdigung zu Hause aufgebahrt. Sechs Leichenträger, Männer aus der Nachbarschaft, trugen den Sarg unter Glockengeläut durch das Dorf zur letzten Ruhestätte. Jeder hatte einen Rosmarinzweig in der freien Hand. Die Schulkinder sangen zu Hause vor dem Sarg und dann nochmal am Grab.


Quellennachweis:
Nassauisches Heimatbuch von Karl Jacobi, Wiesbaden 1913
Wiesbaden im Mittelalter von Otto Reukhoff
Geschichte von Nassau II. Teil von Dr. C. Spielmann, 1926
Beschreibung des Herzogtum Nassau vom C.D. Vogel Decan in Kirberg
Wiesbadener Verlag von Wilhelm Beyerle, 1843
Der Ehemalige Landkreis Wiesbaden von Dr. Phil. d.c. Albert Heuche, 1930
Breckenheimer Schulchronik ab 1750
Hauptstaatsarchiv Wiesbaden
Wiesbadener Landesbibliothek

Zu Urheber-/Nutzungsrecht der hier gezeigten Inhalte (Bilder, Filme, Texte, etc.) gilt:
Sofern einzelne Inhalte diesbezügliche Information enthalten verbleibt das Urheberrecht bei dem jeweils genannten Eigentümer
und das Nutzungsrecht liegt bei dem Förderkreis Historisches Breckenheim e.V.
Bei allen anderen hier gezeigten Inhalten liegt das Urheberrecht bei dem Förderkreis Historisches Breckenheim e.V.

Kommerzielle Weiterverwendung wird hiermit ausdrücklich untersagt

Haftungsausschluß / Datenschutzerklärung
© Förderkreis Historisches Breckenheim e.V.
Aktualisierungsdatum: 16.08.2021